Die Bilder der Christine Traut erzeugen eine Balance zwischen figurativen Abbilden der befreiten Kraft der Farbe, die im Bildraum zur Materie wird – zum eigenständigen, in sich ruhenden „Ding“ das - unabhängig von aller Bedeutungssuche – sein „Gewicht“ hat. Christine Traut entwickelt mit Farbflächen und einmontierten „Farbträgern“ – etwa aufgesetzten Papierstücken, Netzen oder Gipsschichten – ein variantenreiches Spiel, das den Bildgegenstand auslotet, ihn herausarbeitet und ihn gleichzeitig wiederum auflöst. Es entstehen „schwebende“ Identitäten im Bild, die den Blick des Betrachters nicht zwingend anleiten, sondern freie Anklänge an figurative Abbilder und eigendynamische, absolute Farbmomente verbinden.
So zeigen „Seiltanz“ von 1994 und „Der Tanz auf dem Seil“ von 1995 Komposition „reiner“ Flächen, die eine „Klangwelt“ aus farblichen Gegensätzen erzeugen. Gleichzeitig erinnern die schmalen „Stelzen“ an das Motiv des Seiltanzes, an Schwerelosigkeit und die Relativierung aller Richtungen. Der Trapezakt wird in dieser Weise zum Symbol für die Kunst, die sich vom naturalistischen Abbild befreit. Im Gemälde „Die rote Leiter“ von 1995 setzt die Künstlerin verschiedene Ebenen der Konstruktion gegeneinander. Den Anklängen an eine Leiter begegnen freie Linienmuster, die sich wiederum der Schwerkraft erfolgreich widersetzen, das Gewicht der Farbe auflösen. Mit Umrissen, Flächen, Leerstellen und verwaschenen Zonen wird ein ganzes Bündel von Methoden zur Anschauung gebracht, einen Gegenstand künstlerisch abzubilden. Das Bild wird zum Nachdenken über malerische Grundgrößen. Das ins Bild gesetzte Motto „Beginne es jetzt“ lässt sich in dieser Weise auch als Aufforderung verstehen, den Prozess des Sehens zu reflektieren und als Betrachter die sinnliche und gedankliche Offerte des Bildes anzunehmen.
In vielen Gemälden „versetzt“ Christine Traut räumlich den Hauptgegenstand. Das Gemälde „im inneren Kreis“ zeigt ein Ensemble von Verdichtungen und Ausdünnungen; in dem die titelgebende Kreisform nur „am Rande“ erscheint. Mit der einfachen geometrischen Grundfigur entsteht ein komplexer Dialog von Abbild und freier Malerei, von Fokussierung und Auflösung.
Die Malerei bildet die Welt nicht nach, sondern bündelt in freien Variationsketten Inspirationen. Diesen Grundsatz veranschaulicht Christine Traut gerade im Bild „Unter dem Sonnenschirm“ von 1996: Die Welt kann nur durch einen „Filter“ betrachtet werden. Die Mechanik des Schirms ist erkennbar, die Gegenstände „außen“ nicht. Zu sehen ist nur das homogene gefilterte Licht und die Muster des Schirmstoffes. In dieser Weise wird das Gemälde auch zur Besinnung auf die Malerei, die keine unmittelbaren Abbilder herstellt, sondern mit Hilfe einzelner Muster die Welt andeutet – wenn der Betrachter bereit ist, die Rückübersetzung vorzunehmen.
Christine Traut bündelt ihre Reflexionen zum Thema „Bild“, wenn sie menschliche Grundzustände und freie Formvokabeln verbindet. Sie zeigt in einem 1995 entstandenen Werk „Die Verletzbarkeit“, baut aus Flächen eine diffundierende menschliche Figur auf. Anstelle eines ganzheitlichen Abbilds erweist sich der Mensch als ein Konglomerat gegensätzlicher Elemente. Seine Einheit ist gestört. Die Freiheit des malerischen Abbilds wird zum Symbol für den angegriffenen Menschen. Die beiden „Zwillinge“ von 1996 formulieren hintergründig einen Leitsatz, der die gesamte Kunst betrifft. Auf zwei getrennten Bildern sind die „Zwillinge“ zu sehen, die zueinander zu streben, doch niemals zueinander finden können. Die beiden Gemälde lassen sich nicht nur als Symbol für die Unerreichbarkeit menschlicher Verschmelzungen deuten, sondern auch als Veranschaulichung der Erkenntnis, dass die „Wahrheit“ menschlicher Grundzustände nie unmittelbar zu bannen sind, stets nur „zwischen“ den Bildern, jenseits der Bilder offensichtlich wird. Die „Wesen“ von 1996 deren Kern aufgesetzte Netze sind, lassen sich wie ein Resümee verstehen: Die Malerei ist in der Lage, Farbe zu verdichten, ihr Gewicht zu geben, sie leben zu lassen. Das Innenleben der Seelen bleibt unerkennbar, obskur, ist nur zu erahnen. Das ist die Grenze der Kunst, die Christine Traut in ihren Werken immer wieder ausreizt, umspielt und zum Anlass neuer Bildprogramme macht.
Peter Joch (Kunsthistoriker)
Ausstellung „Das Gewicht der Farbe“ Galerie ednubalk, Aachen
2014
VHS-Ausstellung von Kursteilnehmer und Dozenten im Kulturhaus Tecklenburg
2013
Ausstellung Malerei, in der Galerie der VHS Lengerich Westfalen
2011
Aktion "Neuenkirchener Kulturschmiede", Neuenkirchen
2010
Ausstellung "Wenn der Kopf und der Bauch sich Geschichten erzählen" VHS Lengerich
2009
Ausstellung im Restaurant KASEINWERK in Ostbevern-Brock
2008
Ausstellung "Abstrakt 42" in der kleinen Galerie, VHS Lengerich
2007
Ausstellung, Bioladen Der Lebensgarten, Soest
2006
Gemeinschaftsausstellung „Kunst im Stadtbus“, Soest
2006
Ausstellung „geliebte expertisen – zwischen himmel und erde“ Musikschule Conrad Boenigk, Soest
2006
Gemeinschaftsausstellung im Hof „Kunst am Ölberg“, Lienen-Kattenvenne
2006
Ausstellung „Innenwelten – und die Gegenwart der Zeitdiebe“ im Atrium der Kassenärztlichen Vereinigung, Bremen
2004
Ausstellung „Schnitt 37“ – Liebe, Verbrechen und andere Kleinigkeiten, Galerie im Bürgerzentrum Alter Schlachthof, Soest
2003
Ausstellung bei ergo:nomie, Detmold
2002
Ausstellung in umgebauter Scheune zum Wohnhaus Martin Spliethoff, Albersloh
2001
Ausstellung & Lesung im "Paradieso" (Kunstlokal), Bremen
1998
Ausstellung „Kunst in unserer Region“, Tecklenburg Ankauf der Arbeit „Gelbschuh“, Kreis Steinfurt
1998
Ausstellung „Lippische Künstlertage“, Horn-Bad Meinberg
1998
Ausstellung „Frieden“, Kreisheimathaus Tecklenburg
1997
Galerie Strathwork, Ladbergen
1997
Galerie Monna Lisa, Vechta
1997
Möller Design /Lemgo, Möbelmesse Köln
1996
Aktion „Kunststrich“, Pickarts, Detmold / Schwalenberg
1995
Ausstellung „Kunst in unserer Region“, Tecklenburg
1995 – 2002
Galerie esplanade / Feiter & Drees, Hannover
1992
Ausstellung Fa. Schoppenhorst, Ladbergen
1985/1986
Ausstellung Möllers Hof, Ladbergen
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